Abschreibungen
Abschreibungen bezeichnen in der Betriebswirtschaftslehre den auf die Rechnungslegungsperiode entfallenden Wertverlust beim Anlagevermögen und beim Umlaufvermögen.
Die Abschreibungen einer Periode werden als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigt, sie sind also ergebniswirksam und mindern den Jahresüberschuss. Durch die Bildung von Abschreibungen, die im englischsprachigen Raum meist als „Depreciation“ bezeichnet werden, werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer Vermögensgegenstände buchhalterisch über deren Nutzungsdauer verteilt.
Was sind Ursachen für Abschreibungen?
Abschreibungen werden erforderlich, weil Vermögensgegenstände entweder technisch überaltern oder verschleißen. Dies ist einer der häufigsten Abschreibungsursachen für das Anlagevermögen, insbesondere für die Gebäude sowie für den Maschinen- und Fuhrpark. Darüber hinaus kann können Abschreibungen aufgrund von Marktwertschwankungen erforderlich werden. Dies betrifft vorwiegend das Umlaufvermögen. Rohstoffe unterliegen Kursschwankungen. Der Wert fertiger Erzeugnisse kann sich durch Nachfrageverschiebungen ändern. Immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente, Konzessionen und Lizenzen unterliegen oft juristischen Restriktionen und dürfen nur zeitlich begrenzt genutzt werden. Auch diesem Umstand wird durch die Bildung von Abschreibungen Rechnung getragen.
Welche Abschreibungsarten gibt es?
Bei den Abschreibungsarten wird zwischen handelsrechtlichen, steuerrechtlichen und kalkulatorischen Abschreibungen unterschieden.
Handeslrechtliche Abschreibungen
Die zentrale Vorschrift für die handelsrechtlichen Abschreibungen bildet § 253 HGB. Gemäß Absatz 3 dieser Norm sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Das Handelsrecht schreibt dem Kaufmann also keine bestimmte Abschreibungsmethode vor, sondern legt nur die Zielsetzung fest. Die Kosten sollen so gut wie möglich auf die Perioden distribuiert werden, denen sie wirtschaftlich zuzurechnen sind.
Für immaterielle Vermögensgegenstände ist die Nutzungsdauer manchmal nicht vorhersagbar. § 253 Abs. 3 S. 3 sieht deshalb vor, dass diese Vermögensgegenstände in solchen Fällen planmäßig über zehn Jahre abzuschreiben sind. Diese Regelung gilt auch für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert.
Neben planmäßigen kennt das Handelsrecht zudem außerplanmäßige Abschreibungen. Diese sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung vorzunehmen (§ 253 Abs. 5 S. 5). Außerplanmäßige Abschreibungen werden in der Praxis dann fällig, wenn sich bei nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen, wie etwa Grundstücken, der Wert dauerhaft ändert. Außerplanmäßige Abschreibungen werden außerdem erforderlich, wenn die planmäßigen Abschreibungen den Wertverzehr in einer Periode nicht mehr angemessen abbilden. Dies ist oft bei Zerstörung oder Beschädigung durch Brand oder Naturkatastrophen der Fall. Bei Finanzanlagen sind oftmals Kursverluste der Grund für außerplanmäßige Abschreibungen. Die außerplanmäßigen Abschreibungen dürfen bei Finanzanlagen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.
Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens wie Rohstoffe, Forderungen oder flüssige Mittel werden nicht planmäßig abgeschrieben. Fallen Buchwert und Marktwert aber auseinander, ist gemäß § 254 Abs. 4 der niedrigere Wert beizulegen (Niederstwertprinzip). Beim Umlaufvermögen wird zwischen Einzelwertberichtigung und Pauschalwertberichtigungen unterschieden.
Eine Einzelwertberichtigung korrigiert den Restwert eines ganz bestimmten Vermögensgegenstandes. Meldet beispielsweise der Schuldner S Insolvenz an und ist nur mit einer Insolvenzquote von 30 Prozent zu rechnen, dann wird der Buchwert der Forderung gegen S um 70 Prozent reduziert.
Darüber hinaus gibt es auch Pauschalwertberichtigungen. Diese werden durchgeführt, wenn aufgrund von Erfahrungswerten davon ausgegangen werden muss, dass eine bestimmte Gruppe von Vermögensgegenständen pro Periode in bestimmten Umfang an Wert verliert. Bei Forderungen wird dabei dem allgemeinem Kreditrisiko Rechnung getragen. Bei Waren und fertigen Erzeugnissen wird durch Pauschalwertberichtigungen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Marktgängigkeit der Produkte im Zeitablauf sinkt (Ladenhüterabschläge).
Steuerrechtliche Abschreibungen
Die oben geschilderten Prinzipien aus dem Handelsrecht gelten grundsätzlich auch für die steuerlichen Abschreibungen. Während das Handelsrecht dem Kaufmann einen großen Ermessenspielraum einräumt, um ihm eine authentische Abbildung der Vermögens- Finanz- und Ertragslage zu ermöglichen, ist das Steuerrecht deutlich stringenter. Hier stehen andere Ziele im Mittelpunkt. Insbesondere soll das Steueraufkommen planbar bleiben und einem Gestaltungsmissbrauch vorgebeugt werden. Das Steuerrecht unterscheidet:
- planmäßige Abschreibungen (Absetzung für Abnutzung / AFA)
- außerplanmäßige Abschreibungen (Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung /AfaA)
- Teilwertabschreibung (außerplanmäßige Abschreibung auf Umlaufvermögen)
- Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter
Die zentrale Normvorschrift im Steuerrecht ist § 7 EStG. Eine Besonderheit sind hier insbesondere auch die dezidierten Abschreibungstabellen, die das Bundesministerium für Finanzen herausgibt.
Während das Handelsrecht den Unternehmen einen nicht unbeträchtlichen Spielraum einräumt, sind die Nutzungsdauern für die Vermögensgegenstände, die im Steuerrecht als Wirtschaftsgüter bezeichnet werden, hier dezidiert vorgegeben. Für zahlreiche Brachen, wie die chemische Industrie und die Abfallwirtschaft, aber auch für kleine Nischen, wie etwa die Borstenzurichtungs- und Pinselindustrie, gibt sogar spezielle Afa-Tabellen.
Eine weitere steuerliche Besonderheit ist außerdem die Poolabschreibung sogenannter geringwertiger Wirtschaftsgüter. Vermögensgegenstände von geringem Wert können nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgeschrieben werden. Die Wertgrenze lag lange Zeit bei 410 Euro, sie wurde mit Wirkung für das Wirtschaftsjahr 2018 aber auf 800 Euro erhöht. Die sofortige Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird auch in der Handelsbilanz praktiziert und dort von den Abschlussprüfern toleriert, auch wenn es hierfür einer expliziten Rechtsgrundlage ermangelt. Gerechtfertigt wird dieses Vorgehen durch Verweis auf den in § 252 Abs. 2 HGB verankerten Wirtschaftlichkeitsgrundsatz.
Kalkulatorische Abschreibungen
Kalkulatorische Abschreibungen dienen in aller Regel der Ermittlung von Kosten im Rahmen der Preiskalkulation. Darüber hinaus gibt es den Begriff auch in einer Reihe von Spezialgesetzen. Strom- und Gasnetzbetreiber müssen für die Berechnung ihrer Kapitalkosten zum Beispiel kalkulatorische Abschreibungen zugrunde legen. Bei der Preiskalkulation hat eine kalkulatorische Betrachtungsweise vor allem den Sinn, die tatsächlichen Kosten möglichst genau abzubilden und die Preisermittlung nicht durch steuerliche oder andere ökonomische Ziele zu verzerren. In der Steuerbilanz werden meist die kürzesten gerade noch zulässigen Nutzungsdauern angesetzt, um die Steuerlast zu senken. In den handelsrechtlichen Rechnungslegungsabschlüssen, insbesondere im Konzernabschluss, wird dagegen oft versucht, ein möglichst gutes Jahresergebnis zu erzielen. Bei der Preiskalkulation ist es, gerade in Branchen, in denen ein Preiswettkampf tobt, aber wichtig zu wissen, welche Kosten mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich anfallen werden, so dass hier oft möglichst realistische Nutzungsdauern zugrunde gelegt werden. Dort, wo die Preisbildung von einer Regulierungsbehörde überwacht wird, ist die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen das Ergebnis eines politischen Meinungsfindungsprozesses, bei dem versucht wird, einen Kompromiss zwischen den gegensätzlichen Interessen der beteiligten Gruppen zu erreichen.
Welche Abschreibungsmethoden gibt es?
Es gibt drei verbreitete Abschreibungsmethoden. Bei der lineare Abschreibung werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Vermögensgegenstandes gleichmäßig über die gesamte Nutzungsdauer verteilt. Die Abschreibungsbeträge und der Abschreibungsaufwand sind somit jedes Jahr gleich, bis der Restbuchwert Null beträgt. Diese Methode ist diejenige, die in der Praxis am häufigsten angewandt wird, da sie sehr einfach umzusetzen ist. Bei der degressiven Methode werden die Abschreibungsbeträge dagegen vom Restbuchwert des Vorjahres berechnet. Dadurch entstehen variable Abschreibungen, die im Zeitablauf kleiner werden. Für die Berechnung wird ein festgesetzter Abschreibungssatz von beispielsweise 20 Prozent verwendet. Im letzten Nutzungsjahr wird der verbliebene Restbuchwert vollständig abgeschrieben. Die degressive Abschreibungsmethode ist im Steuerrecht nur mehr eingeschränkt zulässig. Vom ökonomischen Standpunkt aus am überzeugendsten, aber gleichzeitig sehr aufwendig in der Umsetzung, ist die leistungsabhängige Abschreibung. Hier werden die Abschreibungssätze dergestalt ermittelt, dass die Leistung der Periode in Relation zur erwarteten Gesamtleistung gesetzt wird. Produziert eine Maschine in einer Periode 20.000 Stück bei einer erwartete Gesamtleistung von 100.000 Stück, beträgt die Abschreibung in der Periode 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Maschine.
Abschreibungen nach IAS/IFRS
Die International Financial Reporting Standards kennen kein Pendant zu § 253 HGB. Oftmals gibt es für bestimmte Geschäftsvorfälle einen speziellen Standard, der auch die Abschreibungen regelt. Von besonderer Bedeutung ist dabei IAS 16 Sachanlagevermögen, der auch Regelungen zur Abschreibung dieser Vermögensgegenstände enthält. IAS 36 Wertminderung von Vermögenswerten hat die Notwendigkeit außerordentlicher Wertberichtigungen zum Gegenstand. Die Abschreibung immaterieller Vermögensgegenstände wird in IAS 38 thematisiert. So, wie im deutschen Sprachraum oft zwischen Abschreibungen und Wertberichtigungen differenziert wird, wobei der Term Abschreibungen dann die planmäßigen Abschreibungen auf das Anlagevermögen meint, so unterscheiden auch die internationalen Rechnungslegungsstandards zwischen „Depreciation“ (Sachanlagevermögen) und Amortization (Umlaufvermögen).