Einnahmenüberschussrechnung (EÜR)
Für die Ermittlung der Steuerschuld einer/eines Steuerpflichtigen muss zunächst das zu versteuernde Einkommen im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) festgestellt werden. Dieses setzt sich einerseits aus Einkünften und andererseits aus bestimmten steuerlich berücksichtigungsfähigen Ausgaben (Entlastungsbeträge, Sonderausgaben etc.). Die Einkünfte werden in Gewinn- und in Überschusseinkünfte unterteilt. Zu Gewinneinkünften zählen nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 EStG die Einkünfte aus:
- Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG),
- Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und
- selbständiger Arbeit (§ 18 EStG).
Hierbei wird als steuerliche Bemessungsgrundlage der erzielte Gewinn herangezogen. Diese Größe wird nach § 4 Absatz 1 EStG grundsätzlich im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs festgestellt. Abweichend hiervon können bestimmte Steuerpflichtige eine vereinfachte Art der Gewinnermittlung nutzen, die sogenannte Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Absatz EStG, in der Praxis wird diese oft als EÜR oder als 4/3-Rechnung abgekürzt.
Persönlicher Anwendungsbereich der EÜR
Auf Seiten der/des Steuerpflichtigen müssen für die Anwendung von § 4 Absatz 3 EStG folgende Voraussetzungen vorliegen. Die Steuerpflichtigen sind nicht auf Grund von Gesetzesvorschriften zur Buchführung und Abschlusserstellung verpflichtet und
führen keine Bücher und erstellen keine Abschlüsse.
Diese Methode kommt somit für folgende Personengruppen in Betracht:
- Land- und Forstwirte, die nicht buchführungspflichtig sind und ihre Gewinne nicht nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG ermitteln,
- nicht buchführungspflichtige Gewerbetreibende ohne freiwillige Buchführung,
Selbständige, zum Beispiel Freiberufler (Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater etc.), ohne freiwillige Buchführung. - Ermittlung des Gewinns
Die Rechnung sieht hierbei wie folgt aus:
Betriebseinnahmen eines Wirtschaftsjahres
abzüglich Betriebsausgaben dieses Wirtschaftsjahres
= Überschuss dieses Wirtschaftsjahres
Als Gewinn wird also der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt. Daher kommt auch der Name für diese Gewinnermittlungsart.
Betriebsausgaben
Betriebsausgaben werden in § 4 Absatz 4 EStG definiert, sie sind demnach betrieblich veranlasste Aufwendungen. Die Kosten der privaten Lebensführung gehören naturgemäß nicht zur betrieblichen Sphäre, auch sonst scheidet ihre steuerliche Berücksichtigung nach § 12 EStG aus.
Betriebseinnahmen
Für Betriebseinnahmen findet sich im Einkommensteuergesetz keine Legaldefinition, der Einnahmebegriff nach § 8 Absatz 1 EStG gilt nicht für Gewinneinkünfte. Ausgehend von den Definitionen der Betriebsausgaben und der Einnahmen können Betriebseinnahmen entsprechend definiert werden: Betriebseinnahmen bestehen in Geld oder Geldeswert, fließen der/dem Steuerpflichtigen zu und sind durch die betriebliche Tätigkeit veranlasst.
Zeitpunkt der Berücksichtigung von Betriebseinnahmen und –ausgaben
Die Erfassung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben richtet sich gemäß R 4.5 Absatz 2 EStR nach dem Zu- und Abflussprinzip nach § 11 EStG. Das bedeutet, dass hier auf die Zahlungen abgestellt wird und nicht auf die wirtschaftliche Verursachung. Die zufließenden Einnahmen erhöhen das Ergebnis, die geleisteten Aufwendungen vermindern es, die Buchung von Forderungen und Verbindlichkeiten entfällt also. Sollte ein Kunde abgerechnete Leistung nicht bezahlen, dann entfällt deshalb die Umbuchung auf zweifelhafte Forderungen ebenso wie die spätere Buchung eines Forderungsausfalls, wie dies beim Betriebsvermögensvergleich notwendig gewesen wäre.
Weitere Besonderheiten
Obgleich diese Gewinnermittlungsart einfacher ist als der Betriebsvermögensvergleich, gilt es dennoch, einige Besonderheiten zu beachten.
Durchlaufende Posten:
Durchlaufende Posten sind Einnahmen und Ausgaben, die im Namen und für Rechnung von Dritten empfangen und verausgabt werden. Sie gehören weder zu Betriebseinnahmen noch zu Betriebsausgaben.
Achtung: obwohl Umsatzsteuer in der Rechnungslegung grundsätzlich durchlaufend ist, stellen bei der 4/3-Rechnung vereinnahmte Umsatzsteuerbeträge Betriebseinnahmen dar, die verausgabten Umsatzsteuerbeträge gehören entsprechend zu den Betriebsausgaben des betreffenden Wirtschaftsjahres (vgl. H 9b EStH „Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten“).
Rechnungsabgrenzungsposten:
Rechnungsabgrenzung bedeutet, dass eine geleistete oder empfangene Zahlung nicht oder nur teilweise in das aktuelle Wirtschaftsjahr gehört. Die Abgrenzung erfolgt auf Grund des Prinzips der wirtschaftlichen Verursachung und wird im Rahmen der Bilanzierung/des Betriebsvermögensvergleichs vorgenommen. Weil die zeitliche Zuordnung in der Überschussrechnung auf dem Zu- und Abflussprinzip aufbaut, erfolgt hier – anders als in einer Bilanz – keine Abgrenzung und keine Bildung von aktiven/passiven Rechnungsabgrenzungsposten.
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Anlagevermögen ist ein Begriff aus der Bilanzierung. Obgleich die 4/3-Rechnung als eine rein einkommensteuerliche Gewinnermittlungsmethode ohne Bezug zu Bilanz ist, ist in bestimmten Fällen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die Rede. Zum Anlagevermögen gehören nach § 247 Absatz 2 HGB solche Vermögensgegenstände (handelsrechtlicher Begriff für Wirtschaftsgüter), die zum dauerhaften Einsatz in dem Unternehmen bestimmt sind. Dazu gehören zum Beispiel technische Vorrichtungen, Geschäftsausstattung, Büroeinrichtung oder Gebäude und Grundstücke. Diese Vermögensgegenstände haben regelmäßig eine längere bis lange Nutzungsdauer.
Wenn also langlebige Wirtschaftsgüter erworben werden, dann besteht die Absicht, diese über einen längeren Zeitraum im Betrieb einzusetzen. Bei solchen Investitionsausgaben wird die Erfassung nach dem Zu- und Abflussprinzip durchbrochen. Denn § 4 Absatz 3 Sätze 3-5 EStG sehen eine davon abweichende Berücksichtigung vor. Folgende Fälle sind zu beachten.
§ 4 Absatz 3 Satz 3 EStG: geringwertige Wirtschaftsgüter
Abnutzbare Anlagegüter, die selbständig nutzbar sind und netto nicht mehr als 800 Euro (bis 2017: 410 Euro) kosten, werden als geringwertige Wirtschaftsgüter bezeichnet. Die Netto-Anschaffungs- oder Herstellungskosten können gemäß § 6 Absatz 2 EStG im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden (GWG-Sofortabschreibung).
Abweichend davon können geringwertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwischen 250,01 und 1000 Euro in einen Sammelposten eingestellt werden. Der Sammelposten ist im Jahr der Anschaffung und den nachfolgenden vier Jahren zu je einem Fünftel gewinnmindernd aufzulösen (GWG-Poolabschreibung).
Ferner sind die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen. Mit anderen Worten: ein langlebiges Wirtschaftsgut wird entsprechend seiner Nutzungsdauer abgeschrieben (vgl. § 7 EStG).
§ 4 Absatz 3 Sätze 4 und 5 EStG: nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter etc.
Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern, Grundstücken, Wertpapieren und anderen in § 4 Absatz 3 Satz 4 EStG genannten Wirtschaftsgütern werden erst bei Verkauf/Entnahme als Aufwand berücksichtigt. Bis zu diesem Zeitpunkt werden diese in laufend zu führenden Verzeichnissen festgehalten. Diese stellen eine Art Pendant der Überschussrechnung zu dem Anlagegitter des Jahresabschlusses.
Exkurs: Umsatzbesteuerung
In der Praxis wird die Überschussrechnung meist mit der Ist-Versteuerung nach § 20 UStG kombiniert. Auch wenn das nicht erforderlich ist, bietet es sich dennoch in den meisten Fällen an. Gewiss gibt es Fallkonstellationen, die eine Soll-Versteuerung, doch sind es keine Grund-, sondern vielmehr Spezialfälle. Demnach wird die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet.
Die Anwendung der Ist-Versteuerung ist ein antragsgebundenes Wahlrecht, weil grundsätzlich die sogenannte Soll-Versteuerung (Besteuerung nach vereinbarten Entgelten nach § 16 Absatz 1 Satz 1 UStG) angewandt wird.
Hinweis bei Gründung
Bei Gründung ist ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung auszufüllen, unter dem Punkt „Umsatzsteuer“ findet sich dort unter anderem eine Auswahl zwischen Soll- und Ist-Versteuerung. Voraussetzungen für die letztere sind teilweise vergleichbar mit den EÜR-Voraussetzungen:
- es besteht keine Pflicht zur Buchführung und Abschlusserstellung,
- die/der Steuerpflichtige erzielt Umsätze aus Ausübung eines freien Berufs nach § 18 Absatz 1 Nummer 1 EStG,
- der nach § 19 Absatz 3 UStG berechnete Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres betrug nicht mehr als 600.000 Euro.
Hinweis zum Vorsteuerabzug
Weil der Vorsteuerabzug nicht von der Art der Umsatzbesteuerung abhängig ist, darf abzugsfähige Vorsteuer unter den gleichen Voraussetzungen geltend gemacht werden, wie bei der Soll-Versteuerung. Besondere Vorschriften zum Vorsteuerabzug bei Ist-Versteuerung gibt es nicht.
Verfahren
Für diese Gewinnermittlungsart ist eine gesonderte Anlage für die Übermittlung im Rahmen der Steuererklärungsübermittlung vorgesehen: Anlage EÜR. Folgendes muss beachtet werden: Die bis einschließlich 2016 geltende Regelung, wonach bei Betriebseinnahmen unter 17.500 Euro im Jahr die Einnahmenüberschussrechnung formlos auf Papier eingereicht werden durfte (BMF-Schreiben vom 10. Februar 2005), ist ab 2017 entfallen. Somit ist sie ab dem Veranlagungsjahr 2017 nunmehr elektronisch zu übermitteln.
Eine Ausnahme von der elektronischen Übermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz gilt auf Antrag nur noch für Härtefälle. Die Finanzämter stellen für solche Fälle Anlage-EÜR-Papiervordrucke zur Verfügung.
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