Kleinunternehmerregelung
Wann wird ein Unternehmer als „Kleinunternehmer“ eingestuft und wann gilt die Kleinunternehmerregelung?
Nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) gilt ein Unternehmer – gleichwohl, ob es sich dabei um Gewerbetreibende oder Freiberufler handelt – dann als Kleinunternehmer, wenn er
im vergangenen Geschäftsjahr (Kalenderjahr) einen Umsatzerlös inklusive der darauf entfallenden Steuer von
22.000 Euro nicht überschritten hat
und
für das aktuell laufende Geschäftsjahr einen Umsatzerlös von 50.000 Euro aller Voraussicht nach nicht überschreiten wird.
Das fett hervorgehobene „und“ soll verdeutlichen, dass beide der genannten Bedingungen erfüllt sein müssen, wobei die zweite Bedingung eine Schätzung ist.
Gültigkeit Kleinunternehmerregelung
Stellt sich heraus, dass nach Abschluss des ersten Geschäftsjahres die Umsatzgrenze von 22.000 Euro überschritten wurde, wird die Kleinunternehmerregelung für das kommende Jahr aufgehoben, erhält aber ihre Gültigkeit für das vergangene erste Jahr, sofern der Unternehmer seiner zuständigen Finanzbehörde glaubwürdig machen kann, dass er mit dem tatsächlichen und höheren Umsatz zu Beginn des ersten Geschäftsjahres nicht rechnen konnte.
Kann er dies jedoch nicht glaubwürdig nachweisen, läuft er Gefahr, dass er die zunächst ersparte Steuer für das erste Jahr komplett nachzahlen muss.
Hat der Unternehmer aber das erste Geschäftsjahr mit einem Umsatzerlös unterhalb der 22.000 Euro-Grenze absolviert und für das zweite Jahr einen Umsatz von weniger als 50.000 Euro prognostiziert, entgegen seiner Einschätzung aber bereits nach 9 Monaten (des zweiten Jahres) die Grenze von 50.000 Euro überschritten, bleibt sein Kleinunternehmerstatus dennoch für das gesamte zweite Kalenderjahr bestehen, wird aber für das dritte Jahr aufgehoben.
Wie werden Geschäftsjahre berechnet?
Geschäftsjahre werden in diesem Zusammenhang als Kalenderjahre definiert, die am 1. Januar beginnen und am 31. Dezember enden. In dem Fall, in dem ein Existenzgründer seine unternehmerische Tätigkeit beispielsweise zum 1. April des ersten Geschäftsjahres aufnimmt, wird die Umsatzgrenze von 22.000 Euro (geltend für 12 Monate) anteilig auf die verbleibenden 9 Monate des ersten Kalenderjahres umgerechnet, sodass für ihn im ersten Jahr eine Umsatzerlösgrenze von 13.125 Euro nicht überschritten werden darf.
Die oben genannten Beträge von 22.000 bzw. 50.000 Euro gelten für das Jahr 2018 und könnten sich im Laufe der nächsten Jahre ändern, sofern es dann diese Vereinfachungsregelung noch gibt.
Umsätze, die zum Beispiel durch die Veräußerung von Anlagevermögen entstehen, werden dem Umsatzerlös nicht zugerechnet. Beispielsweise generiert ein Gastronomiebetrieb seinen Umsatzerlös durch den Verkauf von Speisen und Getränken. Würde ein Gastronom die alte Kaffeemaschine seine Betriebes als Gebrauchtware veräußern und durch eine neue ersetzen, so wäre die Einnahme aus dem Verkauf der alten Maschine ein Umsatz aus Anlagevermögen aber kein Umsatzerlös.
Ferner werden umsatzsteuerfreie Waren und Dienstleistungen nicht zu den für die Kleinunternehmung relevanten Umsatzerlösen hinzu gerechnet. Umsatzsteuerfreie Waren und Dienstleistungen sind mitunter
- Leistungen von selbstständigen Lehrkräften,
- Vermietung von Grundstücken oder
- ärztliche Behandlungen.
Somit könnte theoretisch ein Unternehmer mit umsatzsteuerbefreiten Waren oder Dienstleistungen einen Umsatz von weit über 50.000 Euro im ersten Kalenderjahr bestreiten und dennoch den Kleinunternehmerstatus erhalten, wenn seine umsatzsteuerpflichtigen Erlöse unter 22.000 Euro liegen, da seine umsatzsteuerfreien Einnahmen erst gar nicht berücksichtigt werden.
Die Kleinunternehmerregelung ist grundsätzlich personenbezogen. Das bedeutet, dass für einen Unternehmer, der mehrere Gewerbe gleichzeitig betreibt, die Summe der Umsatzerlöse aus den einzelnen Betrieben maßgeblich ist.
Was muss der Existenzgründer bei der Kleinunternehmerregelung beachten?
Bei der Rechnungserstellung darf der Betreiber eines Kleinunternehmens nur den Bruttowert ausweisen, nicht aber den Umsatzsteuersatz und -betrag. Weist er auf einer Rechnung dennoch die Umsatzsteuer explizit aus, so muss er diese auch an das Finanzamt abführen. Zudem könnte ein vorsteuerabzugsberechtigter Kunde bei Zahlung seiner Rechnung den ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer abziehen.
Ferner muss auf jeder Rechnung, die von einem Kleinunternehmen ausgestellt wird, der Hinweis zu finden sein, dass gemäß §19 UStG keine Umsatzs- bzw. Mehrwertsteuer ausgewiesen wird.
Die Entscheidung, die Vereinfachungsregel für Kleinunternehmen in Anspruch zu nehmen, obliegt dem Unternehmer selbst und ist nicht immer einfach. Dabei ist es wichtig zu wissen: Entscheidet er sich dagegen, ist er auch für die nächsten 5 Jahre daran gebunden. Zudem muss der Unternehmer in den ersten 2 Kalenderjahren jeden Monat eine Umsatzsteuervoranmeldung für das Finanzamt erstellen, nach Ablauf von 2 Jahren dann jedes Quartal.
Beantragen kann ein Existenzgründer seinen Kleinunternehmerstatus durch ein formloses Schreiben an sein zuständiges Finanzamt.
Welche Vor- und Nachteile bietet diese Regelung?
Durch diese Regelung wird der Existenzgründer von der Umsatzsteuer befreit. Mithin hat dies die Befreiung von der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung zur Folge. Der Unternehmer spart also nicht nur Geld, sondern auch bürokratischen Aufwand.
Der bürokratische Vorteil liegt insbesondere darin, dass Kleinunternehmer weder bilanzpflichtig sind noch ihre Geschäftsvorfälle in Form einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) dokumentieren müssen. Es reicht eine vereinfachte Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) aus.
Betreiber von Kleinunternehmen, deren Kunden größtenteils Privatkunden und somit nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind, haben gegenüber umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen den Vorteil, dass sie aufgrund der Umsatzsteuerersparnis ihre Ware zu günstigeren Preisen anbieten können. Entsprechend weniger attraktiv ist ein solcher Unternehmer für gewerbliche Kunden, da diese von ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung keinen Gebrauch machen können.
Der wünschenswerte Umstand einer langfristigen Umsatzsteigerung bietet dem Unternehmer auch einen gewissen Nachteil. Denn während er den Kleinunternehmerstatus noch besitzt und deshalb seine Umsätze nicht versteuern muss, hat er den Preisvorteil möglicherweise an seine Kundschaft weitergegeben und sich auf diese Weise als günstiger Anbieter etabliert. Sobald er aber irgendwann die maßgebliche Umsatzgrenze überschreitet, seinen Kleinunternehmerstatus aberkannt bekommt und folglich umsatzsteuerpflichtig ist, so ist er entweder gezwungen, Preiserhöhungen bei seinen Kunden durchzusetzen auf die Gefahr hin, einige seiner Kunden zu verlieren oder aber seine Preise nahezu unverändert zu lassen, was dann aber seinen Gewinn deutlich reduzieren würde.
Ein weiterer Nachteil schlägt sich in den Kosten nieder, insbesondere in der Anfangsphase eines Unternehmens, die gewöhnlich mit hohen Investitionskosten einher geht. Denn wenn ein Unternehmer umsatzsteuerbefreit ist, ist er auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Er muss also für jede Anschaffung, die er für seinen Betrieb tätigt, die vom Verkäufer/Lieferanten ausgewiesene Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer zahlen.
Für wen ist die Kleinunternehmerregelung sinnvoll?
Für Arbeitnehmer oder Selbstständige, die beabsichtigen, neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit ein Kleinunternehmen anzumelden und als Nebengewerbe zu betreiben, mit dem die Erlösgrenze von 22.000 Euro auch langfristig nicht überschritten wird, ist die Vereinfachungsregelung ein sinnvolles Modell. Sie genießen einen erheblichen Steuervorteil, können dadurch ihre Produkte entsprechend günstiger anbieten und ersparen sich die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung. Der Nachteil, dass bei Investitionen keine Vorsteuer abgezogen werden kann, fällt dabei weniger ins Gewicht, da das Betreiben eines Nebengewerbes in der Regel keinen allzu hohen Investitionsaufwand mit sich zieht.
Hat der Unternehmer jedoch das Bestreben, sein Gewerbe soweit auszubauen, dass es ihm als Vollerwerbsquelle dient, so muss er die vorgegebene Umsatzgrenze zwangsläufig und relativ zeitnah überschreiten, da er ja vom Gewinn seines Unternehmens leben muss, und dieser ergibt sich aus dem Umsatz (das wären im ersten Kalenderjahr allenfalls 22.000 Euro) abzüglich der Betriebskosten. Zwar kommt er, während er sich noch in einem Kleinunternehmerstatus befindet, in den Genuss der Umsatzsteuerbefreiung, doch hat er damit keine wesentliche Kostenersparnis, da er mit großer Wahrscheinlichkeit die ersparte Umsatzsteuer – zumindest großenteils – als Preisvorteil an seine Kunden weitergibt. Im Gegenzug ist seine Existenzgründung, sofern sie denn als Vollerwerbsquelle ausgebaut werden soll, mit hohen Investitionskosten verbunden, bei denen er nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Die Folge sind dann horrende Mehrkosten bei betrieblichen Neuanschaffungen (Anlagevermögen). Zudem kommt beim Überschreiten der besagten Erlösgrenze die Umsatzsteuerpflicht hinzu, die er entweder mit Preiserhöhungen kompensieren muss oder einen „Gewinneinbruch“ in Kauf nimmt. Geringfügig dagegen ist der Vorteil, dass ihm in den ersten beiden Kalenderjahren die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen erspart bleiben.