Vorsteuerabzug
Nach § 15 UStG kannst du als Unternehmer die Steuern absetzen, die sich aus einer Rechnung an dich für Lieferungen oder Leistungen eines anderen Unternehmens ergeben.
Wenn du bisher vielleicht noch nicht viel mit Buchhaltung und Steuer zu tun hattest, klingt diese Erklärung möglicherweise nicht sehr einleuchtend. Alles, was du zum Vorsteuerabzug wissen musst, erfährst du in diesem Beitrag.
Zum besseren Verständnis: Mehrwertsteuer – Vorsteuer – Umsatzsteuer
Damit die weiteren Ausführungen einfacher für dich werden, sollten wir uns ganz kurz die drei Begriffe anschauen, die damit zusammenhängen:
Zunächst einmal ist dir die Bezeichnung „Mehrwertsteuer“ wahrscheinlich geläufiger als Vorsteuer oder Umsatzsteuer. Sie wird auch noch häufig verwendet oder findet sich auf Rechnungs- oder Quittungsvordrucken, steuerrechtlich jedoch wird sie nicht mehr benutzt. Die aktuelle Mehrwertsteuer beträgt 19%, davon abweichend gibt es für Bücher oder Zeitschriften auch 7%.
Wenn du als Unternehmer Material, Bürobedarf oder andere Waren einkaufst, bekommst du vom Verkäufer dieser Gegenstände eine Rechnung, auf die der Verkäufer die „Vorsteuer“ ausweist. Dasselbe geschieht auch, wenn Dienstleistungen berechnet werden.
Beispiel:
Du kaufst dir einen kleinen Drucker für 100 Euro. Auf der Rechnung wird der Verkäufer Folgendes notieren (hier stark vereinfacht dargestellt):
Drucker, Nettowarenwert: 100 Euro
Zzgl. 19% VSt: 19 Euro
Gesamtbetrag (brutto): 119 Euro
Dasselbe passiert, wenn du eine Rechnung für deine Waren an einen Kunden stellst.
Du berechnest dem Kunden auf deiner Ausgangsrechnung 19% Umsatzsteuer.
Die Umsatzsteuer und Vorsteuer sind beim Unternehmen aber nur durchlaufende Gelder, die du quasi als Gehilfe des Finanzamtes einnimmst und auszahlst. Diese Steuern darfst du nicht behalten. Deine Umsatzsteuer musst du nach der Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt abführen.
Vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen können aber die Vorsteuer, die sie bei ihren Einkäufen bezahlt haben, bei dieser Erklärung verrechnen und dann vom Finanzamt zurückerhalten.
Wann darfst du die Vorsteuer abziehen?
Dass du die Vorsteuer abziehen darfst, ist theoretisch klar. Aber nun müssen wir uns anschauen, wer welche Beiträge berechnen darf und wann diese abgezogen werden dürfen.
Voraussetzungen – Wer ist vorsteuerabzugsberechtigt?
Wie wir gesehen haben, darf jede Firma, die Produkte ein- und verkauft, die Steuer abziehen. Allerdings gilt das nur für Firmen, die einen höheren Jahresumsatz als 17.500 € erwirtschaften und somit nicht als Kleinunternehmer nach § 19 UStG gelten, denn Kleinunternehmer sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Welche Beträge darf man abziehen?
Du darfst die Steuer abziehen, die du auf deinen Ausgangsrechnungen an andere Unternehmen bezahlt hast. Der Hintergedanke dabei ist folgender:
Du hast einen Drucker oder auch einen beliebigen anderen Artikel für 100 Euro gekauft und darauf noch 19% (also 19 €) Vorsteuer bezahlt. Dann verkaufst du den Artikel weiter. Dazu berechnest du, um Gewinn zu machen, 150 Euro an deinen Kunden. Auch darauf musst du jetzt 19% Umsatzsteuer aufschlagen (also 28,50 €).
Wenn du dem Finanzamt dann deine Umsatzsteueranmeldung abgibst, verrechnest du die ausgegebene mit der erhaltenen Steuer. Das heißt: Du ziehst 19 Euro von den 28,50 Euro ab. Dadurch bleiben dir 9,50 € Steuer, die einem Steuersatz von 19% auf deine 50 Euro Gewinn entsprechen.
Die verschiedenen Möglichkeiten beim Vorsteuerabzug
Du kannst laut Gesetz verschiedene Steuern als Vorsteuer absetzen. Diese Möglichkeiten sind im §15 UStG einzeln aufgeführt:
- Umsatzsteuer auf Lieferungen und sonstige Leistungen für dein Unternehmen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG)
- Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für dein Unternehmen eingeführt wurden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG).
- Steuern auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG).
- Umsatzsteuer im Reverse-Charge-Verfahren (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG)
- Umsatzsteuer bei Auslagerung einer Ware aus einem Umsatzsteuerlager (§ 15 Abs. 1 Nr. 5 UStG)
Zu welchem Zeitpunkt findet der Vorsteuerabzug statt?
Das Finanzamt benötigt deine regelmäßige Umsatzsteuervoranmeldung spätestens mit Ablauf des sogenannten „Voranmeldezeitraums“, der in § 18 UStG geregelt ist. Das ist gewöhnlich der Zeitraum, in dem die Leistungen erfolgt und die Rechnungen ausgestellt worden sind.
Üblicherweise musst du die Steuer grundsätzlich vierteljährlich anmelden (§18 I UStG). Eine Ausnahme ist vorgesehen, wenn du im Vorjahr über 7500 Euro Steuern bezahlt hast, dann musst du die Abrechnung nämlich monatlich erledigen. Und es gibt noch die Möglichkeit, dass du von der Umsatzsteuervoranmeldung befreit werden kannst, wenn du im Vorjahr weniger als 1000 Euro Steuer bezahlt hast (§ 18 II UStG).
Wann darf kein Vorsteuerabzug erfolgen?
Keine Regel ohne Ausnahme, daher musst du zwar in den oben genannten Fällen die Steuer abziehen, aber in folgenden Fällen geht das nicht:
- Privatpersonen, die Waren als Endverbraucher einkaufen, sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt. Wenn du ein Unternehmen hast und etwas für deinen Privatgebrauch kaufst, bist du in dem Fall auch Endverbraucher und kannst keine Steuer absetzen.
- Dies gilt auch für andere Einnahmen, die du als Privatperson erhältst. Beispielsweise sind deine Mieteinnahmen, wenn du als Privatperson deine Einliegerwohnung vermietest, ebenfalls steuerfrei.
- Wenn du die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmst, bist du ebenfalls davon befreit.
- Bei einem Fehler auf der Rechnung kann ebenfalls kein Steuerabzug geltend gemacht werden. Zu den Anforderungen an die Rechnungen kommen wir ein Stückchen weiter unten nochmals separat.
- 28 Ausnahmen sind im §4 UStG geregelt. Beispielsweise sind Rechnungen an einige gemeinnützige Organisationen, aber auch an Städte, Kommunen, Bildungs- und Kultureinrichtungen von der Umsatzsteuer befreit. (§4 Nr. 20 b UStG)
Anforderungen für die Rechnung durch die GoBD
Manchmal sitzt der Teufel im Detail. Wenn du eine falsche Rechnung ausstellst, die nicht den gesetzlich geforderten Angaben genügen, dann darfst du keine Vorsteuer abziehen. Wenn du Pech hast, wird so ein Versehen bei einer Betriebsprüfung aufgedeckt und du musst die Steuern dann zurückzahlen. Also achtest du am besten gleich darauf, dass du nach den Grundsätzen der ordentlichen Buchführung eine ordnungsmäßige Rechnung ausstellst.
Ganz schlecht ist es auch, wenn du überhaupt keine Rechnung hast, denn es gilt: Keine Buchung ohne Beleg! Daher musst du stets darauf achten, alle Rechnungen korrekt auszustellen, zu buchen und aufzubewahren.
Alle Punkte, die eine korrekte Rechnung enthalten muss, sind im §14 Abs. 3 und 4 Umsatzsteuergesetz geregelt.
Dazu gehören zum Beispiel (es gibt Ausnahmen!):
- Vollständiger Name und Anschrift des Ausstellers
- Vollständiger Name und Anschrift des Empfängers
- Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnr. des Ausstellers
- Ausstellungsdatum
- Eine einmalige, fortlaufende Rechnungsnummer
- Menge und Art des gelieferten Artikels
- Lieferzeitpunkt
- Rechnungsbetrag mit Steuersätzen
Es ist hilfreich, wenn du dir eine Vorlage erstellst, die du immer wieder benutzt, damit du nichts vergisst.
Für Kleinbetragsrechnungen unter 150 Euro gibt es eine Vereinfachung nach § 33 USt-DVO:
- Vollständiger Name und Anschrift von Rechnungssteller und Rechnungsempfänger
- Ausstellungsdatum
- Menge und Art des gelieferten Artikels oder der erbrachten Dienstleistung
- Steuersatz und Entgelt
Fehler, die es zu vermeiden gilt
Wenn du alles, was wir bisher besprochen haben, beachtest, hast du bereits eine geringe Fehlerquote. Was dir aber theoretisch noch passieren könnte, wären folgende Fehler in der Rechnung:
- Fehlende Steuernummer, fehlende Rechnungsnr. oder fehlendes Ausstellungsdatum
- Keine eindeutige Leistungsbeschreibung, also viel zu schwammige Beschreibung der Lieferung oder Dienstleistung
- Fehlender oder nicht konkret ausgewiesener Steuerbetrag
- Unleserliche Rechnung (das passiert häufig bei schlechtem Druckerpapier oder schwacher Patrone)
Ausnahmen beim Vorsteuerabzug
Auf die Ausnahmen sind wir bereits kurz eingegangen. Privatpersonen und Kleinunternehmer, die weniger als 17.500 Euro pro Jahr erwirtschaften, sind genauso davon ausgenommen wie gemeinnützige Organisationen. Hauptsächlich wird dich eine Ausnahme betreffen, solange du Kleinunternehmer bist. Dann gibst du keine Umsatzsteuer auf deiner Rechnung an. Zusätzlich musst du jedoch auf der Rechnung noch darauf hinweisen, dass du nach §19 I UStG von der Umsatzsteuer befreit bist. Es genügt der beliebte Standardsatz: „Nicht umsatzsteuerpflichtig nach § 19 1 UStG“.
Alternative für alle mit wenigen Ausgaben: der pauschale Vorsteuerabzug
Es gibt noch eine Besonderheit, die erwähnt werden muss, die aber nicht für jeden Unternehmer infrage kommt. Das wäre der pauschale Vorsteuerabzug, der in 3 Fällen vom Gesetz vorgesehen ist und der sich nach Durchschnittssätzen richtet.
Voraussetzungen für den pauschalen Vorsteuerabzug:
- Für Land- und Forstwirte
- Für einige buchführungspflichtige Unternehmer, die im Vorjahr weniger als 61.356 Euro Umsatz hatten (hier kommen Handwerker infrage, aber auch Einzelhändler und vor allem Freiberufler). Hier sind die § 23 UStG, §§ 69, 70 UStDV anzuwenden.
- Für gemeinnützige Körperschaften oder Personenvereinigungen, die nicht buchführungspflichtig sind und deren Umsatz im Vorjahr weniger als 35.000 Euro betragen hat. (§23a UStG)
Beispielhaft einige Prozentsätze (Anlage §69 UStDV)
Welche Prozentsätze beim Vorsteuerabzug für dich infrage kommen, steht genau in der Anlage zu §69 UStDV. Hier musst du nachlesen, welcher Satz in deiner Branche gilt. Einige Beispiele dafür sind:
Mit einem geringen Prozentsatz:
- Architekt: 1,9%
- Unternehmensberater: 1,7%
- Wirtschaftsprüfer: 1,7%
- Schriftsteller. 2,6%
Mit einem mittleren Prozentsatz:
- Friseur: 4,5%
- Journalist: 4,8 %
- Gärtnerei: 5,8%
- Maler, Lackierer, Tapezierer: 3,7%
Mit einem hohen Prozentsatz:
- Bau- und Möbeltischlerei: 9,0%
- Drogerie: 10,9%
- Glaserei: 9,2%
- Textilwaren (Einzelhandel):12,3%
Kurzes Beispiel dazu:
Wenn für dich grundsätzlich ein pauschaler Vorsteuerabzug infrage kommt, dann musst du dir das rechnerisch gegenüberstellen, um zu prüfen, was für dich besser ist. Dabei musst du aber beachten, dass es sich auch dann nur rentiert, wenn du wenig Ausgaben hattest!
Nehmen wir als Beispiel eine Tischlerei mit 9%.
Zunächst berechnen wir ihren normalen Vorsteuerabzug:
- Sie hatte 2019 einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz von 10.000 Euro.
- Die eingenommene Umsatzsteuer auf 10.000 Euro beträgt bei 19% also 1.900 Euro.
- Die bezahlte Umsatzsteuer (also die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen) beträgt 500 Euro.
- Dadurch ergibt sich eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von 1.900 minus 500 = 1.400 Euro.
Nun berechnet die Tischlerei alternativ den pauschalen Abzug zum Vergleich:
- Die pauschale Vorsteuer würde 9% von 10.000 Euro betragen, also nur 900 Euro.
- Dadurch hätte die Tischlerei eine pauschale Umsatzsteuerschuld in Höhe der eingenommenen Umsatzsteuer von 1.900 minus der pauschalen Steuer in Höhe von 900 Euro = 1.000 Euro.
- In diesem Fall wäre die pauschale Variante die günstigere. Aber wie du siehst, liegt das positive Ergebnis auch daran, dass die bezahlte Umsatzsteuer (beim Einkauf) so gering war.
Fazit:
Gerade im Steuerrecht kommt es häufig zu Änderungen, daher solltest du immer am Ball bleiben und dich informieren, welche neuen Anforderungen gelten. Sei es hinsichtlich Rechnungsvorgaben oder geänderten Prozentsätzen oder Umsatzzahlen. Im besten Fall hast du allerdings einen Steuerberater, der die Sache für dich im Auge behält.