Betriebsabrechnungsbogen
Der Betriebsabrechnungsbogen: Ein Werkzeug der Kosten- und Leistungsrechnung
Fast jeder hat den Begriff Betriebsabrechnungsbogen, kurz BAB genannt, schon einmal in Verbindung mit der Buchhaltung gehört. Kurz gesagt handelt es sich beim Betriebsabrechnungsbogen um eine Tabelle, welche die Kostenarten auf die einzelnen Kostenstellen verteilt.
Definition von Betriebsabrechnungsbogen
Der Betriebsabrechnungsbogen ist ein Hilfsmittel, um die Gemeinkosten über einen definierten Umlageschlüssel auf die Kostenstellen zu verteilen. Dazu werden in einer Tabelle in die Zeilen die verschiedenen Kostenarten eingetragen, während in den Spalten die Kostenstellen stehen. Damit hilft der Betriebsabrechnungsbogen bei der Kostenkontrolle der einzelnen Kostenstellen sowie bei der Ermittlung von Zuschlagssätzen für die jeweiligen Kostenträger.
Wie oft wird ein Betriebsabrechnungsbogen erstellt?
Die Buchhaltung beziehungsweise der Steuerberater druckt der Firmenleitung den Betriebsabrechnungsbogen normalerweise monatlich aus. Je nach Bedarf kann dieser selbstverständlich auch Quartalsweise, jährlich oder beispielsweise alle zwei Wochen erstellt werden.
Die Funktion des Betriebsabrechnungsbogens
Der Betriebsabrechnungsbogen dient dazu, die Gemeinkosten zu verteilen und die Gemeinkostenzuschlagssätze zu ermitteln. Zuschlagssätze sind für die Kalkulation nötig und helfen, die Selbstkosten für ein Produkt zu ermitteln.
Umlage von Gemeinkosten auf Kostenstellen
Die Gemeinkosten wandern sozusagen von der allgemeinen Kostenstelle „Gemeinkosten“ auf die jeweilige Einzelkostenstelle. Einzelkostenstellen sind definierte Kostenstellen, wie zum Beispiel Material, Fertigung oder Vertrieb. Welche Einzelkostenstellen angelegt werden, hängt vom Unternehmen ab. Eine Versicherung benötigt beispielsweise keine Einzelkostenstelle „Fertigung“, umgekehrt wäre es nicht zielführend, wenn eine Maschinenfabrik eine Einzelkostenstelle für den Verkauf von Hausratsversicherungen anlegen würde.
Abgrenzung von Einzel- und Gemeinkosten
Einzelkosten, direkt zuordenbare Aufwendungen
Einzelkosten kannst Du jedem einzelnen Kostenträger direkt zuordnen. Bei einem produzierenden Betrieb werden sie meistens unterteilt in
- Fertigungseinzelkosten
- Materialeinzelkosten
- Sondereinzelkosten der Fertigung und
- Sondereinzelkosten des Vertriebs
Typische Beispiele für Einzelkosten sind Rohstoffe, Materialkosten und Akkordlöhne.
Gemeinkosten sind nicht direkt zuzuordnende Kosten
Zu den Gemeinkosten gehören alle Kosten, die sich einem bestimmten Produkt, einem Auftrag oder einer Dienstleistung nicht exakt zuordnen lassen. Du kannst Dir als „Eselsbrücke“ merken, dass es sich um allgemeine Kosten – gemein(same) Kosten aller Bereiche – handelt.
Es gibt einen Unterschied zwischen echten und unechten Gemeinkosten. Den sogenannten unechten Gemeinkosten werden alle Kosten zugerechnet, die sich zwar zuordnen ließen, der Aufwand dafür jedoch in keinem Verhältnis zum Erfolg steht. Dazu zählen in erster Linie Betriebsstoffe und Hilfsstoffe. Rein theoretisch könntest Du zum Beispiel bei einem Bekleidungshersteller die für die Produktion eines Kleidungsstücks nötige Fadenmenge ausrechnen oder ausmessen lassen. Der notwendige Aufwand lohnt sich nicht, denn wenn der Faden reißt oder das Ende der Garnrolle erreicht ist, verändert sich das Ergebnis wieder.
Allgemeine Gemeinkosten sind oftmals unter dem Begriff Overheadkosten zusammengefasst. Zu ihnen gehören zum Beispiel Hallenmiete, Gehalt von Verwaltungsangestellten, Werbung, Kosten für Strom, Gas, Wasser und Heizung.
Kostenart | Kostenstellen | ||||
---|---|---|---|---|---|
Hilfskostenstelle | Hauptkostenstelle | ||||
Material | Fertigung | Verwaltung | Vertrieb | ||
Personal-GK | 8.000,00 € | 170.000,00 € | 250.000,00 € | 166.000,00 € | 90.000,00 € |
+ Sachkosten | 4.500,00 € | 30.000,00 € | 70.000,00 € | 50.000,00 € | 12.000,00 € |
+ Abschreibungen | 1.500,00 € | 5.000,00 € | 2.000,00 € | 1.000,00€ | 500,00 € |
+ Kapitalkosten | 1.000,00 € | 3.000,00 € | 5.000,00 € | 2.000,00€ | 1.000,00 € |
Gemeinkosten | 15.000,00 € | 208.000,00 € | 327.000,00 € | 219.000,00 € | 103.500,00 |
+ Umlage Hilfskosten | 20.000,00 € | 25.000,00 € | 6.000,00 € | 1.500,00 € | |
Material-GK | 228.000,00 € | ||||
Fertigungs-GK | 352.000,00 € | ||||
Verwaltungs-GK | 225.000,00 € | ||||
Vertriebs-GK | 105.000,00 € | ||||
./. Material-EK | 1.380.000,00 € | ||||
./. Fertigungs-EK | 588.000,00 € | ||||
./. Herstellungskosten | 1.980.377,00 € | 1.980.377,00 | |||
Zuschlagsätze | 16,52% | 35,65% | 11,35% | 5,30% |
Betriebsabrechnungsbögen können durchaus noch weiter unterteilt werden, beispielsweise mit den einzelnen Stationen einer Herstellung (Bohren, Lackieren, Montieren und Stanzen). Bei der Berechnung der Untergruppen würde sich in der Vorgehensweise nichts ändern. Weitere Untergruppen haben den Vorteil, dass sie die Genauigkeit der Kostenanalyse erhöhen.
Kostenarten, Kostenstellen, Kostenträger – was ist das eigentlich genau?
Um den Betriebsabrechnungsbogen zu verstehen, musst Du nicht nur wissen, was sich hinter den Begriffen Eigenkapitalquote, Einzelkosten und Gemeinkosten verbirgt, sondern auch, was Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträgern sind. Eigentlich ist es nicht schwer zu verstehen, wenn Du Dir einen Betrieb vorstellst.
Kostenarten
Damit Du den Überblick bei der Kosten- und Leistungsrechnung nicht verlierst, musst Du nicht nur die Kostenhöhe und den Kostenverlauf kennen. Wichtig ist zudem das Wissen, um welche Kostenart es sich handelt. Die Aufteilung in Kostenarten betrachtet die Betriebswirtschaft als die erste Stufe der Kosten- und Leistungsrechnung. Die zweite Stufe, die sogenannte Kostenträgerrechnung, untersucht, wofür die Kosten anfallen und die dritte Stufe, die Kostenstellenrechnung, wo diese Kosten entstanden. Kostenarten werden in der Regel in vier Kategorien aufgeteilt.
- Nach der Art
- Betriebsmittelkosten
- Kapitalkosten
- Personalkosten
- Werkstoffkosten
- Nach Funktion
- Herstellungs-/Fertigungskosten
- Beschaffungskosten
- Lagerhaltungskosten
- Vertriebskosten
- Verwaltungskosten
- Nach der Verrechnungsart
- Einzelkosten
- Gemeinkosten
- Nach dem Kostenverhalten bei Schwankungen
- Fixkosten
- Variable Kosten
Kostenträgerrechnung
Kostenträger sind die Stellen, denen Du bestimmte Leistungen exakt zuordnen kannst. Du kannst es Dir damit merken, dass sie die Kosten sozusagen auf ihrem Rücken tragen. Die Ermittlung der durchschnittlichen Kosten pro Einheit ist relativ einfach, Du teilst die Gesamtkosten durch die Anzahl der jeweiligen Produkteinheiten.
Beispiel:
Dein Unternehmen stellt 3.210 kleine Plüschhunde her. Dafür wurde Material im Wert von 4.500 Euro geordert, der Projektleiter und der Entwickler, die Du speziell für den Auftrag angeworben hast, bekommen zusammen 25.000 Euro. Deine Gesamtkosten für den Auftrag belaufen sich somit auf 29.500 Euro. Um den Herstellungspreis pro Plüschhund herauszufinden, berechnest Du:
29.500 Euro Gesamtkosten / 3.210 Plüschhunde = 9,19 pro Stück
Kostenstellenrechnung
Kostenstellen sind das Bindeglied zwischen Kostenarten und Kostenträgern. Sie klären, wo die Kosten angefallen sind. Die Kostenstellenrechnung zeigen die Leistungsbeziehungen innerhalb eines Unternehmens, erleichtert die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und bereitet die Kostenträgerrechnung vor.
Verursacherprinzip
Die Gemeinkosten werden, nach Kostenarten aufgeteilt, auf die Kostenstellen umgelegt, wo sie entstanden sind.
Leistungsverrechnung
Verrechnung der Leistungen zwischen den Kostenstellen zur Verteilung der Gemeinkosten.
Zuschlagssätze
Zuschlagssatzberechnung für Fertigungs-, Material-, Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten, um die Zuschlagssätze den jeweiligen Kostenträgern zuzuordnen.
Kostenüberwachung der einzelnen Abteilungen für die Wirtschaftlichkeitskontrolle
Vergleich von Kosten einer Abteilung in einer bestimmten Periode mit den entstandenen Kosten anderer Periode(n).
Kostenaufteilung in Einzelkosten und Gemeinkosten
Aufteilung in Kosten, die einer bestimmten Stelle direkt zugeordnet werden können (Einzelkosten) und übergreifende Kosten, die sich nicht exakt zuordnen lassen (Gemeinkosten).
Die Kostenstellen des Betriebsabrechnungsbogens
Kostenstellen sind im BAB in Hauptkostenstellen, Hilfskostenstellen und allgemeine Kostenstellen unterteilt.
Hauptkostenstellen
Bei den Hauptkostenstellen handelt es sich um sogenannte Endkostenstellen. Dort werden die Leistungen nicht mit anderen Kostenstellen, sondern mit den Kostenträgern direkt verrechnet.
Beispiele: In einer Maschinenfabrik können dies zum Beispiel Bohrerei, Fräserei, Schleiferei, Vertrieb und/oder die Verwaltung sein.
Hilfskostenstellen
Hilfskostenstellen sowie allgemeine Kostenstellen sind sogenannte Vorkostenstellen/Nebenkostenstellen. Sie dienen zur Erfassung und Weiterverarbeitung der Gemeinkosten, geben ihre Leistung also an die anderen Kostenstellen ab.
Beispiele: Werkskantinen, Fuhrpark oder interne Instandhaltungs- beziehungsweise Reparaturabteilung.
Allgemeine Kostenstellen
Allgemeine Kostenstellen dienen wie Hilfskostenstellen zur Erfassung und Weiterverarbeitung der Gemeinkosten. Auch sie geben ihre Leistung an andere Kostenstellen ab.
Beispiele: Beispiele für allgemeine Kostenstellen sind Fuhrpark für Personentransporte, hauseigene Energieversorgung, Betriebsarzt, Betriebskindergarten und dergleichen.
Abgrenzung des einstufigen und mehrstufigen Betriebsabrechnungsbogen
Einstufiger BAB
Der einstufige Betriebsabrechnungsbogen verteilt die Gemeinkosten auf die einzelnen Kostenstellen. Er ist die einfachste Form des BAB und vor allem für einen guten Gesamtüberblick über kalkulatorische Kosten geeignet.
Mehrstufiger BAB
Beim mehrstufigen Betriebsabrechnungsbogen werden mithilfe von Verteilungsschlüsseln die Gemeinkosten auf die jeweiligen Kostenträger umgelegt. Damit sollen alle Einzelkosten und Gemeinkosten nicht nur insgesamt, sondern auch nach den einzelnen Kostenträgern spezifiziert dargestellt werden.
Gemeinkostenzuschlagssatz
Mithilfe eines Gemeinkostenzuschlagssatzes lassen sich Kosten auf einzelne Kostenträger ohne Umweg direkt umlegen.
Beispiel:
Stell Dir vor, Du möchtest auf einer Weinmesse einen Stand mit Weinausschank betreiben. Der Stand kostet pro Tag 400 Euro, zuzüglich 200 Euro für die Standeinrichtung inklusive aller Nebenkosten. Du kannst die Kosten für den Stand nicht jedem einzelnen Glas Wein exakt zuordnen, daher benötigst Du den Gemeinkostenzuschlagssatz, um den (Mindest-)Verkaufspreis zu ermitteln.
Die Gemeinkosten setzen sich zusammen aus den 400 Euro Standmiete plus den 200 Euro Einrichtungsmiete, insgesamt somit 600 Euro.
Im Einkauf kostet Dich eine 0,7-Liter-Flasche Wein 7 Euro, jedes Glas fasst 0,1 Liter, der Einstandspreis pro Glas liegt somit bei 1 Euro.
Du rechnest mit einem Durchsatz von 800 Gläsern Wein pro Messetag.
Um die Einzelkosten pro Glas und somit den Verkaufspreis zu ermitteln, ist ein Gemeinkostenzuschlagssatz nötig.
Berechnung:
Einzelkosten pro Tag:
800 Gläser Wein x 1 Euro Einkaufspreis = 800 Euro
Gemeinkosten pro Tag:
400 Euro Standmiete +200 Euro Standeinrichtung = 600 Euro
Gemeinkostenzuschlagssatz:
600 Euro Gemeinkosten / 800 Euro Einzelkosten = 0,75 Euro
(= 75 Prozent Gemeinkostenzuschlagssatz)
Verkaufspreis pro Glas:
1 Euro Einzelkosten + (1 Euro x Gemeinkostenzuschlagssatz 0,75) =
1 Euro + 0,75 Euro Gemeinkostenzuschlag = 1,75 Euro Verkaufspreis pro Glas.
Vorteile des Betriebsabrechnungsbogen
Die Vorteile eines klassischen Betriebsabrechnungsbogens sind die folgenden:
- Kosten- und Wirtschaftlichkeitskontrolle
- Möglichkeit, Schwachpunkte im Unternehmen zu erkennen
- Bessere Auftragskalkulation
- Beobachtung von Kostenänderungen über bestimmte Zeiträume: Aus einem eher theoretischen Zahlenwerk wird ein praxisbezogenes Werkzeug.
Nachteile des Betriebsabrechnungsbogen
- bei zu viele Stellen stehen Aufwand und Erfolg in keinem guten Verhältnis
- bei zu wenig Stellen geht die Transparenz verloren – Grundlagen für wichtige Entscheidungen fehlen
- Balance zwischen Aufwand und Nutzen muss gefunden werden
- Umlageschlüssel und Budgetierung geben Anlass zu Diskussionen
Zusammenfassung zum Thema Betriebsabrechnungsbogen
Bei der Kostenkontrolle und der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit hilft der Betriebsabrechnungsbogen. Je mehr Kostenstellen aufgeführt sind, desto realitätsgetreuer bildet er die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ab. Da er die einzelnen Positionen entweder als Einzelkosten oder mithilfe von Zuschlagssätzen den jeweiligen Kostenstellen zuordnet, zeigt er, wo die Kosten anfallen. Durch die Zuschlagssätze lassen sich Aufträge besser kalkulieren. Allerdings ist der Betriebsabrechnungsbogen ein etwas veraltetes Hilfsmittel, dessen Funktion eine moderne Software in den meisten Betrieben bereits übernommen hat. Dennoch lohnt es sich, in kleinen und mittleren Betrieben ab und zu „zu Fuß“ die Kosten zu kontrollieren, um möglichen Eingabefehlern auf die Spur zu kommen und die Kalkulationen nochmals zu überprüfen.